Travemünde hat mehr zu bieten als das fabelhafte Zwei-Sterne-La Belle Epoque, in dem der Küchenchef Kevin Fehling steht an der Spitze einer neuen Generation junger Deutscher, auf die man achten sollte. Buchstäblich auf der anderen Straßenseite, im A-Rosa Grand SPA Resort und sein Gourmet-Restaurant Buddenbrooks bieten eine ganz andere Art der gehobenen Küche, die aber nicht unbedingt schlechter ist.

Der Chefkoch

Hier, Christian Scharrer beweist eindrucksvoll, dass er wieder voll da ist, vielleicht sogar stärker denn je. Nach seiner beachtlichen Zeit im Schloßhotel Bühlerhöhe, wo er mit 18 Punkten im Gault Millau ausgezeichnet und auch zum Koch des Jahres 2005 gewählt wurde, brauchte er irgendwie eine Pause im Frankfurt Airport Club, bevor er vor zwei Jahren bei der AROSA anfing.

Christian Scharrer

Scharrer, ein weiterer großer badischer Koch, wuchs bei seinen Großeltern auf, die ein Gasthaus und einen kleinen Bauernhof betrieben, so dass sein Weg in die Gastronomie gewissermaßen vorgezeichnet war. Einige wichtige Köche stehen in seinem Lebenslauf: Seine erste Stelle war im Colombi Hotel in Freiburg, wo Alfred Klink als harter, aber technisch sehr ausgefeilter und fortschrittlicher Meister arbeitete. Er arbeitete anschließend für Jörg Müller auf Sylt und vor allem als Sous-Chef von Harald Wohlfahrt am Schwarzwaldstube um nur die wichtigsten Stationen seiner Laufbahn zu nennen. Man kann also äußerste Präzision und hervorragende Produkte erwarten...

Das Restaurant

Buddenbrooks befindet sich im Lübecker Saal des ehemaligen Kurhauses, das jetzt Teil des AROSA-Komplexes ist: auf den ersten Blick riesig und beeindruckend, aber dennoch gemütlich und nicht einschüchternd, für mich ein Ort, an dem ich mich sofort wohlfühle. Aber ich muss zugeben, dass ich ein großer Fan von Jugendstil-Interieur mit hohen Decken, Stuck und dergleichen bin...

Scharrer bietet zwei Menüs an, ein eher regional ausgerichtetes Menü Terroir und ein eher international ausgerichtetes Menü Visite, beide zu einem Preis von 119 € für sechs Gänge. Ich entschied mich für eine Mischung aus beiden und ließ Herrn Scharrer für mich wählen.

Mein Menü

Und ich ließ mir von der Sommelière (die leider kurz darauf das Restaurant verließ) eine Weinbegleitung mit überwiegend badischen Weinen zusammenstellen. Eine gar nicht so schlechte Idee, wie sich herausstellte...

Knabbereien

Zu einem sehr schönen 2005er Malterdinger Bienenberg Pinot Sekt brut von Bernhard Huber servierte die Küche ein dreiteiliges Arrangement von kleinen Häppchen - delikater Hummer, intensives Spanferkel mit Linsen (schon weg auf dem Bild, gierig bin ich...) und eine etwas zu dominante Rolle Räucherhering (soweit ich mich erinnere). Diese bildeten gewissermaßen die Bühne, denn vor allem das Spanferkel war programmatisch für das Menü mit starken rustikalen Aromen, die wiederum ein wenig zu intensiv für eine Ouvertüre waren.

Amuse 1: Taube, Foie Gras und Topinambur

Das erste Amuse überrascht und begeistert - die Kombination aus leicht warmer Taube, Taubencreme, Gänsestopfleberwürfeln, Topinambur (gebraten und in Stücken) und Tauben-/Trüffeljus war sehr harmonisch und zeigte präzise konstruierte Aromen, Proportionen und Texturen. Nur ein Gänsestopfleberwürfel mehr hätte das Gericht ausbalanciert, und einige Kräuternoten hätten es noch weiter aufwerten können. Ausgezeichnet.

Amuse 2: Dashi mit Enoki-Pilzen

Einziger Wermutstropfen des gesamten Menüs, da es nicht wirklich in den Gesamtkontext passte und nach dem hervorragenden ersten Amuse einen schweren Stand hatte. Für sich genommen ein sehr gutes Gericht, in der Gesamtdramaturgie des Menüs ein wenig verloren und fehl am Platz.

Aal mit Birne, Bohnen und Speck

Der erste Gang war wieder auf dem hohen Niveau des Tauben-Amuse: ein traditionelles Gericht aus Norddeutschland, bei dem Birne, Bohnen und Speck als Eintopf gekocht werden, oft auch mit Kartoffeln - ein einfaches, billiges und sättigendes Gericht der 'Arbeiterklasse'... Christian Scharrers Version ist ganz anders und bietet eine interessante transparente Zersetzung der verschiedenen Elemente: Lauwarmer Aal, um Intensität und Rauchigkeit hinzuzufügen, knuspriger Schweinebauch, Birnenwürfel und Gelee, Speckcreme, gebratener Speck und etwas Lardo spielten ein wunderbares Konzert von Texturen, Temperaturen und Aromen. Sowohl der Aal als auch der Schweinebauch zeugten von sorgfältiger Handwerkskunst - insgesamt ausgezeichnet bis hervorragend, ein echter Gewinner!

Jakobsmuschel mit Gerste, Zunge und Zwiebel

Die Parade der eher rustikalen Aromen setzte sich fort mit einer intensiv gebratenen Jakobsmuschel, gepaart mit knuspriger Gerste, zarter Zunge und einem Zwiebelsugo zum Sterben. Einfach unheimlich lecker und brillant.

Loup de Mer mit Kraut und Trüffeln

Loup de mer mit Kohl und Trüffeln war als nächstes dran - leider war der Loup etwas zu lange unter dem Hold-o-mat gewesen und die Haut war nicht mehr so knusprig. Aber ansonsten ein sehr gutes Gericht mit einem schönen Zusammenspiel der erdigen Noten der Trüffel und des leicht süßen Kohls.

Kartoffeltexturen mit Bacalao und Kaviar

Eine überraschende Deklination verschiedener Konsistenzen von Kartoffeln (Püree, Mousse, Espuma und winzige gebratene Stücke) - zuerst kam die Cremigkeit mit einem archetypischen Kartoffelaroma, dann fügte der Kaviar eine gewisse Rauchigkeit hinzu, die durch die Verwendung von Bacalao verstärkt wurde. Erstaunlich leicht und ausgezeichnet.

Boudin Noir mit Bio-Stopfleber und Sauerkraut

Vielleicht ist es nicht jedermanns Favorit, aber ich fand es einfach toll, weil es die Grenzen der gehobenen Küche sprengte und zeigte, dass scheinbar einfache, rustikale Zutaten (man könnte auch eine gewöhnliche Leberpastete verwenden) einfach erstaunlich sein können. Die wichtigste Erkenntnis dabei war, dass Boudin noir und Sauerkraut einfach fantastisch zusammenpassen - darauf aufbauend hat Scharrer diesen Grundakkord genutzt, ihn durch den gerösteten Blätterteig mit Boudin noir-Füllung verstärkt und durch die Verwendung einer leichten Creme und eines Espumas aus Sauerkraut abgemildert. Transparent, nicht zu schwer und auf den Punkt gebracht. Ausgezeichnet!

Wildkaninchen mit roter Bete und Sauce Rouennaise

Als Hauptgericht hatte das Wildkaninchen genug Kraft, um sich gegen die Intensität der vorherigen Gänge zu behaupten. Schön begleitet von verschiedenen Rote-Bete-Strukturen und einer klassischen Sauce Rouennaise. Sehr gut.

Kaffee, Malz und Mango (I)

Wie ich gelernt habe, präsentiert Christian Scharrer seine Dessertideen immer in zwei Portionen, was ihm mehr Freiheit lässt, um eine Idee herum zu improvisieren. Noch nie hatte ich eine Kombination aus Kaffeemousse, Malzgelee und dünn geschnittener marinierter Mango, die so ausfiel, wie sie eben sein musste. Wieder eine rustikale und erdige Note, wobei die süße Seite des Malzes als Katalysator dafür diente, dass der Kaffee nicht zu stark wurde und so eine Brücke zwischen Kaffee und Mango schlug. Ausgezeichnet.

Kaffee, Malz und Mango (II)

Um fair zu sein, habe ich mir die zweite Portion nicht notiert, aber soweit ich mich erinnere, erreichte sie nicht das Niveau der ersten Kombination...

Petite Fours

Das Urteil

Die Küche von Christian Scharrer hat Charakter und Emotionen. In seinen Kreationen zeigt sich ein gewisses Spiegelbild seines Charakters, indem er seinem Bauchgefühl folgt und sich voll und ganz dem Kochen widmet. Scharrer liebt kräftige und rustikale (könnte man sagen "deutsche"?) Aromen und beweist erfolgreich, dass es in der gehobenen Küche Platz für eine Deklination des Rustikalen gibt, da er dies mit Sorgfalt, Einsicht und Präzision tut. Für viele andere könnte eine solche Küche böse nach hinten losgehen, denn hier ist der schmale Grat zwischen feiner und gewöhnlicher "Gasthaus"-Küche schwer zu überschreiten. Herr Scharrer macht genau das mit Bravour.

In Kombination mit dem großartigen Service von Nathalie Meyer kann ich es kaum erwarten, wiederzukommen. Vielen Dank an das ganze Team!

Restaurant Buddenbrooks
Außenallee 10
23570 Lübeck
Telefon: +49 (4502) 3070835
Web: Website
Post: info.travemuende@a-rosa.de
Die Öffnungszeiten:
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Samstag
Sonntag
Mittagessen von






Abendessen von

19:00
19:00
19:00
19:00
19:00

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