Selbstständig zu sein ist ein starker Drang für junge und aufstrebende Köche, aber sehr oft, besonders in Deutschland, scheinen die finanziellen Hürden unüberwindbar zu sein. Es ist nur zu gut bekannt, dass Spitzenrestaurants kaum rentabel sind und dass man eine gewisse Quersubventionierung aus anderen Quellen benötigt, sei es ein regionales Restaurant, Hotelzimmer oder Catering. Einige deutsche Köche haben es sogar geschafft, eine persönliche Marke zu schaffen, die auf ihrer Fernsehpräsenz und Popularität aufbaut - natürlich sind die Lafers oder Schuhbecks gute Köche, aber ihr Schwerpunkt liegt nicht nur auf ihren mit Michelin-Sternen ausgezeichneten Betrieben.

Anders auf dem Turmberg

Für junge Sören AndersDie Popularität kam gewissermaßen über Nacht, als er bei seinem ersten Einsatz als Küchenchef im Oberländer Weinstube in Karlsruhe (geschlossen am 1. Mai 2013) wurde er der jüngste Sternekoch Deutschlands. Zusammen mit einer gewissen Unkonventionalität, sowohl in seinen Gerichten als auch in seiner aufgeschlossenen, sympathischen Art, zog er natürlich das Interesse der Presse auf sich. Anders wählte bewusst einige TV-Formate, ohne überall zu sein (moderiert jetzt eine eigene Kochshow beim Regionalfernsehen Baden), engagierte sich für Kinderernährung und fühlte sich dabei im eher traditionellen Weinstuben-Umfeld immer unwohl. Er suchte nach Alternativen, fand das Klenerts auf dem Turmberg, ein recht beliebtes Ausflugslokal auf dem Karlsruher Hausberg, fing dort im Juli 2012 als Küchenchef an und übernahm ab Januar 2013 das gesamte Lokal und firmierte es um in "Anders auf dem Tumberg". Zuvor hatte er sich eine Auszeit genommen, eine Finanzierung für sein neues Unternehmen auf die Beine gestellt und geplant, dass das Tagesrestaurant, die Brasserie, sein Unternehmen quersubventioniert. Anders Superiordie kleine Feinschmecker-Ecke".

Anders Superior

Anders wurde von Sackmann, Thieltges und Bühner ausgebildet und beherrscht sowohl das klassische Handwerk als auch moderne Techniken. Während er bei der Kombination von Aromen unkonventionell war, ruht seine Küche auf einer soliden traditionellen Basis, ohne schöne expressionistische Bilder auf seine Teller zu zeichnen. Im Vergleich zu seiner Zeit in der Weinstube ist es ihm gelungen, seine Gerichte mehr auf einen interessanten und zum Nachdenken anregenden Dialog der Aromen zu konzentrieren, so dass seine Küche etwas puristischer und auf den Punkt gebracht wurde. Nach wie vor ist ein gemeinsames Thema die Neuinterpretation klassischer Gerichte in einem neuen Kontext, sehr oft Dekonstruktionen traditioneller Desserts oder deutscher Kultgerichte.

Der Chefkoch

Im Anders Superior bietet er zwei Menüs mit sechs bzw. vier Gängen an (119 € für sechs, 109 € für fünf und 99 € für vier Gänge), die auch a la carte gewählt werden können. Da ich so schlecht darin bin, etwas aus der Speisekarte auszuwählen (ich kann mich einfach nicht entscheiden), ließ ich ihn wählen und lehnte mich entspannt zurück.

Matjes-Meerrettich / Rindertartar mit Zwiebelcreme / "Strammer Max"

Es begann mit ein paar netten Häppchen, die mit einem Glas badischen Sekt serviert wurden (wo sind meine Notizen?) - der Matjes ist eine norddeutsche Spezialität, die zusammen mit einer Meerrettichsahne sehr lecker ist. Das Cornetto mit Rindertartar war ein leckerer kleiner Happen, wobei der Teig das zarte Rindfleisch nicht überwältigte. Die "Strammer Max" ist eine dieser deutschen Ikonen, die Anders neu interpretiert hat: eine wunderbare Creme aus gebackenem Schinken, serviert mit einem Eigelb und ein paar Semmelbröseln obendrauf - super!

Kalbsschwanz mit Kartoffelespuma

Das erste Amuse war ein echter Gewinner! Ein intensiv geschmorter Kalbsschwanz mit etwas Kartoffel-Espuma zeigt, dass Anders keine Angst vor starken Aromen hat - in der Tat ist der Grad der Würze immer am Rande, überschreitet aber nie die Grenze. Eine delikate Eigenschaft, die den Gast nachhaltig beeindruckt - selbst nach ein paar Wochen kann man sich noch an das sensorische und geschmackliche Erlebnis erinnern. Bemerkenswert.

Krustentiersuppe mit Muschelstock
Miesmuscheln bleiben

Als Nächstes gab es ein weiteres Beispiel für schiere Intensität, eine Krustentiersuppe, die dem Maßstab von Juan Amador sehr nahe kam! Der Muschelstab trug jedoch nicht viel dazu bei, da er sich als zu knusprig erwies und den Muscheln keinen Raum zur Entfaltung ließ.

Gänsestopfleber mit Trockenfrüchten und Brioche

Der nächste Gang erinnerte mich ein wenig an Bittners Terrine von Gänsestopfleber mit einigen gerösteten Elementen darin (Bittner verwendet häufig geröstete Gänseleber oder Pilze). Anders integrierte einige getrocknete Früchte in eine eher klassische Terrine, verpasste es aber, hier für besondere Spannung zu sorgen - ein wenig mehr getrocknete Früchte oder eine andere Textur hätten das Gericht aufgewertet, und er hätte um die Bratapfeltorte herum noch mehr Nuancen dieser sehr passenden Note herausarbeiten können. Nichtsdestotrotz, eine intensive Paarung - sehr gut.

Langoustine mit Kraut und Ochsenknochenmark

Die Langoustine war eine klare Steigerung, denn die Kombination mit dem Kohl (Säure) und dem Ochsenknochenmark (Erdigkeit) ergab ein breit gefächertes, interessantes und zum Nachdenken anregendes Gericht rund um einen klaren Protagonisten, die hervorragende Langoustine, die ihre ganze Vielseitigkeit zeigen konnte, indem sie gebraten, als Tartar und als Carpaccio serviert wurde. Ausgezeichnet!

Steinbutt "Stroganow" mit geschmorter Ochsenbäckchen

Eine sehr ungewöhnliche Kombination und sehr Anders, da er das Thema Land und Meer zu lieben scheint. Zuerst dachte ich, die Ochsenbacke wäre zu dominant für den Steinbutt, aber es stellte sich heraus, dass ihre eher feste Textur (aufgrund ihrer Frische) in Kombination mit ihren Röstaromen sie zu einem kongenialen Partner für den Landbewohner machte. Zusammen mit einigen wirklich sorgfältig gegarten Gemüsesorten, einer knusprigen Gemüsehaut und einer wunderbaren beurre blanc-ähnlichen Jus mit Pilzen war dies ausgezeichnet bis hervorragend.

Wildbret "Baden-Baden"

Eher klassisch für den Main: die Rehrücken "Baden-Baden" ist ein Gericht, das seine Wurzeln in Baden, dem südwestlichen Teil Deutschlands, hat. Traditionell wurde das Rehfleisch im Ofen gebraten und mit Speckscheiben bedeckt und mit Birnenhälften, Johannisbeergelee und Spätzle serviert. Anders' Version war recht leicht und modern, mit Kartoffelbällchen, roten Johannisbeeren, Birnengelee und einem intensiven traditionellen Hirschsugo. Sehr zartes Wildbret aus dem heimischen Wald - sehr gut bis ausgezeichnet!

Cocos-Sorbet mit Zitronenfrüchten sugo

Sehr gutes und erfrischendes, nicht zu süßes Pre-Dessert!

"Bienenstich - mal ganz anders"

Eine typische Anders-Dekonstruktion, die clever, transparent und leicht war - ganz im Gegensatz zur traditionellen Bienenstich. Allerdings waren mir die Mandel- und Honigelemente etwas zu dominant - zugegeben, ich bin sowieso kein großer Fan von Bienenstich, aber dieser hier gefiel mir viel besser als sonst. Sehr gut.

Das Urteil: Insgesamt macht das Team von Anders einen tollen Job - da die Brasserie mittags und abends fast immer ausgebucht ist und auch die Nachfrage nach dem Gourmet-Outlet recht groß ist, kommt das Niveau im Anders Superior schon sehr nahe an das recht hohe Niveau der Weinstube heran. Anders hat bewusst auf Effekte und Elemente auf dem Teller verzichtet und serviert keine 10-Gänge-Menüs mehr. Mehr ist hier weniger und die Aromen etwas mehr auf den Punkt gebracht, wobei einige kleine Anpassungen der Küche gut tun würden. Das Schöne daran ist, dass alles, was Anders macht, so leicht wirkt und seine Leidenschaft für das Essen transportiert. In diesem Sinne ist er durchaus ambitioniert. Anders ist sicherlich jemand, den man im Auge behalten sollte - ich werde sicher wiederkommen!

Anders Superior
Reichardtstraße 22
76229 Karlsruhe
Telefon: +49 721 41459
Telefax: +49 721 495617
Web: Website
Post: kontakt@anders-turmberg.de
Die Öffnungszeiten:
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Samstag
Sonntag
Mittagessen von






Abendessen von

19:00
19:00

19:00
19:00
19:00


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